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„Bilderstürme“ Lesung – Musik – multimediale Installation und persönliche Ansichtssache

Am 15./16. September in der Windsbacher Gottesruhkapelle

Ein multimediales Kaleidoskop und eine sehr persönliche Betrachtung der Gottesruh-Kapelle, Windsbach, deren ungewöhnliche Fresken aus dem 15. Jahrhundert die historische Zeit des Bildersturms (lange Zeit übertüncht und unentdeckt ) überdauerten…

Eine Eigenproduktion von WindsArt e.V. in Zusammenarbeit mit Miriam Sachs, FILM RISS THEATER und dem Windsbacher Knabenchor Gefördert Stiftung Kirche und Kunst; Kirchenkreis Ansbach; Stadt Windsbach, Bayrischer Kulturfonds.
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=xY43-CuQ-v4

5 Vorstellungen
Öffentliche Generalprobe/Presse: Freitag 14.9. 19 Uhr;
Premiere: Samstag, 15.9. 17:00 + 19:30
Sonntag, 16. 9. 15:00 + 19:00)

Die Performance besteht aus zwei Teilen:

1. (ca 35 min) BILDER-BOGEN

Eine dynamische Bild/Licht-Installation, die die Fresken der Kapelle nicht nur beleuchtet und in den Fokus stellt, sondern sie auch zum Leben erweckt und die Gemälde, die das Innere der Kapelle wie ein mittelalterlicher Comic-Strips ausfüllen, zu kleinen Trickfilmen weiterspinnt, mal bewegt durch die Animationen von Miriam Sachs, mal beseelt durch den gelang des Windsbacher Knabenchors.

Bilderstürme-Plakat

Man kann es sich wie einen Adventskalender vorstellen, in dem nacheinander die Türchen aufgehen und wunderbare Dinge passieren. An den Stellen, an denen die Original-Bilder verblasst sind, werden neue Bilder eingepasst, Helden und Heilige setzen sich in Bewegung, springen und fallen aus dem Rahmen, nehmen Anlauf und landen im nächsten Bild an ihrem eigentlichen Platz. Manchmal öffnen sich auch Fenster in die heutige Zeit und Menschen, die einen Bezug zur Kapelle haben, kommen zu Wort. Subjektive Assoziationen, künstlerische Verzeichnung und Kommentar stehen sich gleichberechtigt gegenüber. Roter Faden in diesem Getümmel ist von Zeit zu Zeit ein Voice-Over-Dialog zwischen Dekan Klaus Schlicker und der Berliner Künstlerin Miriam Sachs, die die Bilder gemeinsam „entdecken“ und beleuchten. Es wird nicht durchgehend gesprochen, eher die Aufmerksamkeit gelenkt von Zeit zu Zeit. Die Bilder sprechen für sich, haben ihren eigenen Ton, mal im Trickfilm-Modus, mal durch schlicht und ergreifende Stimmen aus dem Windsbacher Knabenchor. Die animierten Trick-Collagen stammen von Miriam Sachs, ebenso werden jedoch auch die Assoziationen der Windsbacher zu ihrer Kapelle diese Bilderwelt prägen. Kinderstimmen, Gläubige, Anders-Gläubig, Gar-Nicht-Gläubige… haben Platz in diesem persönlichen Mosaik.

Der erste Teil feiert die Bilderpracht der Kapelle, der zweit Teil räumt prompt damit auf und protestiert. Dem Sturm der Bilder steht nun ein reformatorischer Bildersturm entgegen:

2. (ca. 45 min) WORT UND MUSIK

Von draußen hört man wilden Lärm. Percussion, Blasinstrumente, Geschrei. In der Kapelle beginnen die Fresken, bzw, dern Projektion an den Wänden zu wackeln. Scheiben (scheinen zu) klirren. Die Band Ora pax + weitere Musiker stürmen in die Kapelle und liefern den Auftakt zu Heinrich von Kleists Bildersturm-Geschichte „Die heilige Caecilie oder die Gewalt der Musik“, die zur Zeit der Reformation spielt und in der einem Kloster die Zerstörung durch einen Bildersturm droht, der jedoch verhindert wird durch die Aufführung einer im wahrsten Sinne des Wortes himmlischen Musik: den rätselhaften Auftritt einer Dirigentin, einer Nonne, die eigentlich zur selben Zeit im Fieber daniederliegt, gleichzeitig jedoch die Musik zur Aufführung bringt, die die Bilderstürmer so erschüttert, dass sie von ihrem Terrorakt ablassen. Von diesem Moment verfallen sie in einen Zustand zwischen religiöser Verzückung und Irrsinn. Inbrünstig betend, jedoch auch dazu verdammt, keinen angemessenen Ausdruck zu finden für die Andacht, die sie empfinden.

Die Geschichte wird weitgehend gelesen von mehreren Lesenden, aber an den entsprechenden Stellen geht die Sprache über in Musik. Das bei Kleist erwähnte Gloria und Salve Regina ist zu hören, es wird live gesungen von der Empore, zu sehen sind die Musiker nicht. Die Musik ist unbegreiflich, überirdisch schön, sie kommt von (ganz) oben. Allein das Abbild des Dirigats selbst (bei Kleist ist es die Schutzheilige der Musik selbst, die in menschlicher Gestalt eingegriffen hat) geistert durch die Apsis der Kirche, bläulich und schleierhaft. (live-Kamera von der Empore, gefiltert/verfremdet und projiziert auf hauchdünnen Gaze-Vorhang.)

Ein ungwöhliches Projekt, eine „multimdiale Inszenierung“ einer wunderschönen kleinen fränkischen Kapelle, die zu Unrecht relativ unbekannt ist… Foto: TEXT THEATER TRICKFILM

Gegen Ende der rätselhaften Prosa, die weder pro-katholisch noch anti-protestantisch ist, sondern schlicht und ergreifend jenseits von allem, treibt die Gewalt der Musik nicht nur die Bilderstürmer in den (auch musikalischen) Wahnsinn und laut Geschichte in die Verwahrung einer Irrenanstalt, die ganze Stadt wird in Mitleidenschaft gezogen. Hier wird der Windsbacher Knabenchor sich einmal von einer ganz neuen Seite präsentieren. Danach geht es bei gutem Wetter draußen weiter mit Live-Musik, Gesprächen, Essen und Trinken.

Zum ORT Gottesruh-Kapelle / WARUM BILDERSTURM?

„Die Gottesruhkapelle in Windsbach ist für mich eine der schönsten Kirchen.“ Sie wurde um 1400 erbaut durch den Ritter von Hellberg, nach dem dieser von einem Kreuzzug aus Jerusalem zurückkehrte, jedoch hatte es vorher schon dort eine Kapelle gegeben, Der 30jährigen Krieg führte „zu einer Verwahrlosung des Gotteshauses.“ –

“Wirst auch finden, dass man zu unsers Herrgottsruh nach Windsbach mit dem Kreuze wie nach Steinberg gangen sei, aber anjetzo ist zu fürchten, die Lutherischen möchten an unsern Fahnen scheu werden, teils nit ratsam, möcht einem Spott widerfahren…” (Handschrift im Diözesenarchiv Eichstätt, Reg 92)

Dies wird im Mai 2018 400 Jahre her sein – Die Zeiten in der Glaubenskriege Europa zerrissen, Lutheraner und Katholiken sich bekämpften, sind heute, aus dem ökumenischen Zeitgeist heraus, einerseits schwer nachzuvollziehen, andererseits rücken fremde Glaubenskriege, die Zerrissenheit des Islams und dessen Radikalisierung die Brisanz religiöser Fragen und Meinungsverschiedenheiten und immer mehr zu Leibe, setzen uns zu, schlagen zu Gemüte. Nach dem zweiten Weltkrieg entdeckte man unter dem Putz der kleinen Kapelle di erstaunlich gut erhaltenen Fresken und legte sie frei.

„Die Gottesruhkapelle ist ein kleines Juwel, das eine größere Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit verdient. Geheimnisvolle Geschichten ranken sich um sie, Ehemals verbunden mit dem Siechenhaus, direkt am ehemaligen Richtwasn gelegen, bietet sie Projektionsfläche für düstere Geschichten, ist aber gleichzeitig eine schlicht und ergreifend schöne evangelische Kirche – deren katholische Bilderpracht man zufällig wiederentdeckte. So vielfältig ist ihre Bedeutung, dass mein Projekt nicht nur ein Event bieten möchte, nicht nur einen Einblick geben will. Sondern wechselnde Blickwinkel, die ich als Kuratorin nebeneinanderstellen, bzw. an die Wand werfen möchte. Da das Visuelle eine große Rolle spielt, schien mit der Übertitel „Bilderstürme“ sehr passend. Er erinnert an die Zeit der Reformation, in der man den Prunk aus den Kirchen vertrieb, um der bescheidenen Andacht, dem direkteren Draht zu Gott Raum zu machen. Die Fresken der Kapelle verschwanden und wurden übertüncht. Die neuen Bilder und Assoziationen, die nun „an die Wand geworfen“ Historie, Kirchengeschichte und heutige Rezeption verbindet, quasi in künstlerischer Freiheit bestürmt, machen dieses Verschwindende greifbar und holen es mitten ins heutige Leben.“

MIRIAM SACHS…

…ist Theatermacherin und Autorin, kam 2017 nach Windsbach als „Stadtschreiberin“ und für die Recherche an ihrem Jugendbuch-Roman „Zwischen den Welten“. Bei diesem Aufenthalt verliebte sie sich in die Gottesruhkapelle und die Idee zu diesem eigenwilligen Projekt entstand. Sie wuchs in München auf und lebt und arbeitet in Berlin. Ihre Inszenierungen befassen sich oft mit Klassikern, die sie sehr greifbar macht und persönlich nimmt. Oft arbeitet sie mit begehbaren Trickfilmen und Video-Art, die jedoch immer mehr als dekorative Bühnenbilder sind und oft zu einer interaktiven Spielwiese für die Schauspieler werden.

Ihr Arbeit ist vielfältig, denn die Disziplinen in denen ihre Projekte stattfinden richten sich ganz nach dem jeweiligen Thema. So sind die Grenzen von Ausstellungen, begehbaren Installationen zu Theater-Inszenierungen oft fließend: „Bühnenbilder, in denen das Publikum herumspaziert an Stelle von Schauspielern.“ Romane wiederum werden fürs Theater adaptiert, und für das Selber-Schreiben setzt sich Sachs manchmal selbst in fremde Szenerien, schlüpft in nue Rollen und schaut was passiert.

mehr info: Miriam Sachs, www.miriamsachs.wordpress.com sachs-film@web.de www.film-riss-theater.de

Zu Heinrich von Kleist, der ihr Lieblingsautor ist und von dem auch ihr zweiten Roman „Kleist in meiner Küche“ (Sembdner, 2010) handelt, hat Miriam Sachs eine besondere „Beziehung“. Auch seine Erzählung „die heilige Cäcilie oder die Gewalt der Musik“ beschäftigt sie schon seit langem, gefördert von der Kulturstiftung des Bundes inszeniert sie die Prosa im bereits 2011 im Rahmen ihrer Reihe „NEUNMALKLEIST“ beim Musik-Festival im Montpulciano, produzierte eine PopVersion mit Lars Rudolph und der Band Mariahilff. Die Windsbacher Fassung der „heiligen Cäcilie“ inszeniert sie Windsbach auf den Leib. „Kleists Geschichte ist geschrieben wie eine Spurensuche: Die Stadt ist fassungslos, „was bisher geschah“ ist rätselhaft. Es wird versucht herauszufinden, wie der Terrorakt zur religiösen Erleuchtung führen konnte. In himmlisches Wunder, das aber gleichzeitig der Stadt neuem Terror aussetzt.“ Warum also nicht die Bürger der Stadt Windsbach miteinbeziehen?!“

Quelle: TEXT THEATER TRICKFILM