Anzeige

Wissen ist Macht: Arbeitsmarkt, Fachkräftemangel, Industrie 4.0

Unternehmen überstehen den Strukturwandel nur mit gut geschulten Mitarbeitern – Zu wenig Auszubildende, zudem junge Leute, die ein Studium vorziehen, Menschen, die in den wohlverdienten Ruhestand gehen und das Schreckgespenst Fachkräftemangel. Alles Themen, die Unternehmen in der Region bewegen. Wo liegen die Ursachen für den Wandel im deutschen Arbeitsmarkt? Stefan Böhme ist beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg für die regionale Forschung zuständig Auf der Business Lounge haben wir ihn befragt.

MAGAZIN: „Woher kommt der unglaubliche Wandel im Arbeitsmarkt, den wir gerade erleben?“

Stefan Böhme: „Den Wandel gibt es schon seit dem Beginn der Industrialisierung. Durch technologische Fortschritte wurden andere Qualifikationen abgefragt. Dieser Wandel, den wir seit Jahrzehnten beobachten, läuft jetzt viel schneller ab und er wird für den Einzelnen immer undurchschaubarer und unkalkulierbarer. Das verursacht möglicherweise gewisse Ängste. Der Megatrend ist einfach: Wir sind auf dem Weg in die Wissensgesellschaft. Wir werden nie billiger sein als die ausländische Konkurrenz, wir müssen einfach besser sein. Das schaffen wir nur über Wissen und Innovationen. Es geht also darum, geeignete Menschen auf geeignete Arbeitsplätze zu bekommen. Wichtig ist, die Arbeitskräfte weiterzubilden und zu motivieren. Wenn es Unternehmen gelingt, Mitarbeiter zu haben, die ihr Wissen nicht nur weitergeben, sondern auch weiterentwickeln, dann ist das der Königsweg – für das Unternehmen, aber auch für jeden Einzelnen.“

MAGAZIN: „Industrie 4.0 – welche Herausforderungen lauern auf dem Arbeitsmarkt?“

Stefan Böhme: „Industrie 4.0 wird immer als eine weitere Schwelle angesehen. Für mich ist sie nichts anderes als eine weitere Fortschreibung des Strukturwandels. Es geht nicht mehr nur um Automatisierung, sondern jetzt geht es auch um Digitalisierung. Das verursacht Ängste, denn es werden sicherlich Arbeitsplätze verloren gehen, aber an anderer Stelle entstehen hoffentlich auch neue. Ich sage hoffentlich, weil mit den geeigneten Qualifikationen auch neue Arbeitsplätze entstehen. Diesen Wandel müssen wir genauso annehmen. Wir können uns nicht verweigern.“

MAGAZIN: „Welche Ausbildung würden Sie Ihren Kindern empfehlen?“

Stefan Böhme: „Ich glaube, genau da liegt der Fehler. Man sollte keine Hitlisten von Berufen aufstellen. Es gibt diese sich selbstzerstörenden Vorhersagen und man liegt einfach fast immer daneben. Das Wichtigste ist: Eignung und Neigung, also was kann ich und was will ich. Das ist die große Herausforderung, wo will ich hin und welche Stärken habe ich. Wer es schafft, da zu einem Ergebnis zu kommen, der hat die nötige Motivation und den Ehrgeiz, diese Ziele zu erreichen. Wer etwas gerne macht, der macht es auch gut. Natürlich kann man sich die Arbeitsmarktstatistiken anschauen. Zum Beispiel im Gesundheitswesen werden sehr viele Arbeitskräfte gesucht. In diesem Bereich haben wir aber auch viele Berufswechsler. Viele gehen in den Bereich rein und stellen nach vier, fünf Jahren fest: Der Job ist nichts für mich. Das ist kontraproduktiv. Für den Einzelnen geht es nur darum: Was kann ich und was will ich?“

MAGAZIN: „Helfen uns Flüchtlinge dabei, diesen Wandel zu stemmen?“

Stefan Böhme: „Das ist eine richtig schwierige Frage, weil uns die Erfahrungen fehlen. Bisher müssen wir sagen, dass uns Flüchtlinge am Arbeitsmarkt nicht entscheidend weiterhelfen; so etwas kann nur durch Integration gelingen und Integration dauert – das fängt bei Sprachproblemen an und geht bei der Ausbildung weiter. Aber grundsätzlich ist Zuwanderung richtig und wichtig aufgrund des demografischen Wandels. Wir haben immer weniger Schulabgänger und geburtenschwächere Jahrgänge kommen auf den Arbeitsmarkt. Dazu kommen immer ältere Mitarbeiter, von daher helfen natürlich Zuwanderer. Doch wie man das Ganze ausgestaltet, da wäre ich erst mal vorsichtig.“

Quelle: Business Lounge Magazin, Bildnachweis: BLMAG